31. Juli 2009 Die chinesischen Behörden gehen verstärkt gegen unabhängige Rechtsanwälte vor, die sich um politisch heikle Fälle und Menschenrechtsfragen kümmern. Mitte dieser Woche ist der Bürgerrechtsanwalt und Mitbegründer des Pekinger Rechtsberatungsbüros Gongmeng, Xu Zhiyong, von der Polizei festgenommen worden. Ein weiterer Mitarbeiter des Büros sei verschwunden, berichteten Agenturen.
Die Organisation, die sich auf Englisch Open Constitution Initiative nennt, war vor zwei Wochen von den Behörden geschlossen worden. Offiziell wurde das mit nicht gezahlten Steuern und einer fehlenden Registrierung begründet. Die Anwälte hatten unter anderem Opfer des Skandals um verseuchte Babymilch vertreten und sich in einem Bericht kritisch über die Lage in Tibet geäußert. Fachleute sehen das Vorgehen der Behörden als Hinweis darauf, dass das politische Umfeld in China vor dem 60. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik am 1. Oktober angespannter werde.
Am 17. Juli hatten Mitarbeiter der Pekinger Behörden die Räume der Firma durchsucht und Computer, Büromaschinen, Akten und Dokumente beschlagnahmt, wie Gongmeng auf seiner Website berichtet hatte. Schon Anfang Juni war 53 Pekinger Anwälten die Lizenz entzogen worden. Sie hatten es angeblich versäumt, die Erneuerung ihrer Lizenzen zu beantragen. Dazu gehörten auch Anwälte, die nach den Unruhen in Tibet im vergangenen Jahr Tibeter sowie Mitglieder der verbotenen Falun-Gong-Bewegung vertreten hatten.
Am Mittwoch hatten die Behörden in Peking zudem ein Zentrum für Gesundheits- und Rechtsberatung durchsucht. Das Yirenping-Zentrum berät insbesondere Patienten, die an Hepatitis B erkrankt sind. Die Führung suche in beiden Fällen nur nach Entschuldigungen, um gegen regierungsunabhängige Organisationen vorzugehen, sagte der Leiter des Zentrums, Lu Jun.
Mit den wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen in China hatte die Arbeit der Menschenrechtsanwälte in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Sie findet allerdings häufig in einem rechtlichen Graubereich und gegen den Widerstand der Behörden statt. „Fast alle von uns haben in den vergangenen Jahren Drohungen erhalten", schrieb der Bürgerrechtsaktivist Teng Biao vor einer Woche in einem Beitrag für die Zeitung „Washington Post". Dabei scheint der Führung in Peking selbst an einer Verbesserung der Rechtssicherheit in China gelegen zu sein, auch um die eigene Macht weiter zu festigen.
Viele Bürger, die mit den Behörden aneinander geraten, ziehen nun häufiger vor Gericht, um gegen Willkür und Ungerechtigkeit vorzugehen. Nach Ansicht von Teng Biao gibt es einen anschwellenden Hunger nach Gerechtigkeit, der sich vor allem im Internet und vielen kleinen und großen Demonstrationen äußere.
In zwei nicht mit dem Gongmeng-Fall im Zusammenhang stehenden Verfahren sollen Agenturberichten nach in den kommenden Wochen nun auch die Bürgerrechtler Huang Qi und Tan Zuoren vor Gericht gestellt werden. Die beiden hatten sich unabhängig voneinander kritisch mit den Folgen des verheerenden Erdbebens in Sichuan im vergangenen Jahr beschäftigt.
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